So werden Priester angesprochen

Wo der Pfarrer Pastor heißt

Veröffentlicht am 24.02.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Im Süden "Pfarrer", im Norden "Pastor"? Oder evangelisch "Pastor", katholisch "Pfarrer"? Beides ist nicht ganz richtig. Wie werden Priester in der katholischen Kirche in den verschiedenen Regionen angesprochen? Die Antwort ist überraschend.

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"Ein 'Herr Pastor' ist mir hier sehr selten begegnet", heißt es aus dem bischöflichen Ordinariat im oberbayerischen Eichstätt. "Und wenn, dann von einem Sprecher mit eindeutig norddeutschem Migrationshintergrund." Katholische Pastoren kennt man in ganz Bayern nicht. Sind Pastoren vielleicht evangelisch? Oder allgemein norddeutsch? Eine Umfrage von katholisch.de unter den deutschen Bistümern führt zu einem interessanten Ergebnis, mit dem wohl vor allem Süddeutsche nicht gerechnet haben: Der Pastor als Anrede für einen katholischen Priester ist zwar eher im Norden als im Süden zu finden. Die eigentliche Pfarrer-Pastor-Grenze verläuft aber vom Westen in den Nordosten des deutschen Sprachraums. Vor allem in den fünf Diözesen ganz im Westen ist der Pastor die häufigste Anrede: Aus Aachen, Essen, Münster, Osnabrück und Trier kommt die Rückmeldung, dass dort "Pastor" die übliche Anrede sei. Für Trierer Ohren klingt der "Herr Pfarrer" evangelisch, weiß man in Deutschlands ältester Diözese zu berichten.

Infografik Karte mit den 27 Bistümern Deutschlands: Von Trier im Westen bis zur Nordsee reicht das Pastor-Gebiet
Bild: ©katholisch.de

Von Trier im Westen bis zur Nordsee reicht das Pastor-Gebiet. Die Grafik basiert auf Daten, die von den einzelnen Bistümern zur Verfügung gestellt wurden. Gerade in den Grenzregionen kann es daher zu Ungenauigkeiten kommen, da immer ganze Bistümer markiert sind.

Das katholische Pastorengebiet erstreckt sich aber auch über die fünf westlichen Diözesen hinaus: Im Westerwälder Platt, das man in Teilen des Bistums Limburg spricht, gibt es den "Pastor", im Erzbistum Köln den "Pastur", und das Wörterbuch der rheinischen Sprache verortet den "Pastek" am südlichen Niederrhein und im westlichen Ruhrgebiet. Aus Hamburg, Hildesheim und Paderborn werden Pfarrer und Pastor als Anrede gemeldet. Wo evangelische und katholische Pastoren zugleich auftauchen, gibt es oft dennoch Unterschiede in der Betonung: der katholische ist der Pastór (mit langem o), der evangelische der Pástor.

Das Gebiet des Bistums Fulda liegt eigentlich klar auf der Pfarrerseite der Sprachgrenze. Und dennoch gibt es dort genau einen Pastor: Den Pfarrer von Schleid in Thüringen, der den Ehrentitel "Pastor" trägt. Aus "historischen Gründen", heißt es aus dem Fuldaraner Ordinariat – schon 1308 sprechen die ersten Urkunden dort von einem Pastor.

International: Paschtouer und Pàschtor

Auch über die Grenzen Deutschlands hinaus führt sich das Muster fort: Während Luxemburg, das ans Bistum Trier grenzt, sogar hochoffiziell auf Lëtzebuergesch den Titel "Paschtouer" für seine Pfarrer nutzt, wird im Elsässischen und im Lothringer Platt, wie es noch teilweise im Bistum Metz und im Erzbistum Straßburg gesprochen wird, von Pfarrern geredet, die Anrede als "Pàschtor" ist wohl aus der Mode gekommen. In der Schweiz und in Österreich dagegen ist die Anrede "Pfarrer" als einzige bekannt.

Übergabe von "Pastors Schüppchen".
Bild: ©Christian Breuer/Bistum Münster

"Pastor" ist das lateinische Wort für "Hirte". Am Niederrhein gibt es die Tradition, Pfarrern zur Amtseinführung ein "Schüppchen", eine Schäferschaufel zu überreichen. Auf dem Bild wird "Pastors Schüppchen" an den Kevelaer Wallfahrtsrektor Gregor Kauling bei seiner Amtseinführung überreicht.

Dialektwörterbücher deuten darauf hin, dass früher das Pastorengebiet noch etwas größer war. Das Pfälzische, das Rheinische und das Wörterbuch der elsässischen Mundarten kennen – wie der heutige Trierer Gebrauch – die Unterscheidung in den evangelischen "Pfarrer" und den katholischen "Pastor". "Die junge Generation gebraucht das Wort selten", heißt es aber im Pfälzischen Wörterbuch schon seit Jahrzehnten zum "Pastor".

Eines eint alle deutschen Diözesen: Offiziell lautet der Titel des Leiters einer Pfarrei "Pfarrer", egal wie er angesprochen wird. Nur wenige Bistümer haben einen "Pastor" in ihrem Ortskirchenrecht vorgesehen. In Essen, Hamburg, Hildesheim, Münster, Osnabrück und Paderborn tragen Priester, die keine Pfarrei leiten, nach ihrem Pfarrexamen den Titel "Pastor"; in anderen Bistümern wird diesen Priestern nach ihrer Kaplanszeit bisweilen "Pfarrer" als persönlicher Titel auch ohne Pfarrleitungsaufgaben verliehen. Nur in Paderborn und Osnabrück ist der Pfarrer zumindest zusätzlich auch offiziell Pastor: Diese Bistümer verwenden für ihre Gemeindeleiter die etwas umständliche amtliche Formulierung "Pastor mit dem Titel Pfarrer".

Oft heißt der Herr Pfarrer einfach nur Herr Müller

Der "Pastor" mag für manche Süddeutsche protestantisch klingen: Die Verwendung ist in den evangelischen Landeskirchen aber zumindest ähnlich verteilt. Bremen, Hannover, Oldenburg, das Rheinland und die Nordkirche geben an, dass dort überall oder regional "Pastor" gebräuchlich ist. Im Südwesten in Baden bis hinauf in den Nordosten in der Kirche von Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz heißt es "Herr Pfarrer" – und natürlich "Frau Pfarrerin". Eine Kuriosität stellt dabei die mitteldeutsche Landeskirche dar: Der übliche Titel ist Pfarrer oder Pfarrerin, den Pastor gibt es aber den Regularien zufolge ausschließlich in der weiblichen Form.

Große Einigkeit herrscht generell bei der Formalität: Zwar konnte jedes Bistum und jede Landeskirche davon berichten, dass eine Anrede als "Herr Pfarrer" oder "Herr Pastor" üblich ist (in Münster bisweilen sogar "Pastor" ohne "Herr"), viele gaben aber an, dass im Alltag zunehmend ganz auf Titel verzichtet werde – die heute etwas altertümliche Titulierung als "Hochwürden", die im Englischen als "Reverend" noch sehr lebendig ist, kommt wenig überraschend gar nicht mehr vor.

Von Felix Neumann

Ergänzungen

Auf Facebook, auf Twitter und per Mail erreichen uns viele Ergänzungen, Hinweise und Bestätigungen – vielen Dank dafür! Neu aufgenommen wurde der Hinweis auf die unterschiedliche Betonung von evangelischen Pástoren und katholischen Pastóren (24. 2. 2020, 12.05 Uhr).